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Gemeindehäuser und Kirchbauten sind keine Erfindungen des Neuen Testaments, sondern des römischen Reiches. Als Konstantin, römischer Kaiser seines Zeichens, das Christentum im 4. Jahrhundert erst tolerierte und später zur Staatsreligion erklärte, tat er dies mit typisch römischem Religionsverständnis: Es war Aufgabe der Götter, sich um das Wohl des Reiches zu kümmern und es war Aufgabe der Priester, das Wohl der Götter sicherzustellen. Die Göttertempel Roms waren also alles andere als religiöse Nebensache, sondern erfüllten einen poltisch-militärisch-wirtschaftlich extrem wichtigen Staatsauftrag. Als Konstantin zur Einsicht kam, dass der Gott der Christen stärker sein muss als alle römischen Götter zusammen, handelte er mit logischer Konsequenz und händigte in einem längeren Prozess sämtliche heidnischen Tempel an die Bischöfe der Christen aus. Fortan sollten sie ihren Gott dort so manipulieren, dass er Rom wohlgesonnen war. Die heidnischen Tempel wurden christianisiert, die Idee des Kirchbaus war geboren.


Jenes Kichengebäude wurde im Laufe der Jahrhunderte verfeinert und hat phantastische architektonische Meisterleistungen hervorgebracht. Als nachreformatorische Erneuerungs- und Erweckungsbewegungen reich genug wurden, leisteten sie sich ihre eigenen Versionen und bauten eher pragmatisch angelegte Gemeindehäuser als eine Art Mutation gewöhnlicher Kirchen und Kathedralen.

In heutigen Zeiten, wo auf westlichem Boden die Institutionen im Allgemeinen zerbröseln, zerfällt auch Konstantins Kirche-Staat-Ehe mehr oder weniger zu Staub. Und damit wird Kirche, wie die meisten sie kennen, obsolet. So manche Glaubensbewegung wirkt dem zwar durch Übernahme von Kirchen und Neubauten und Gemeindehäusern entgegen, kann die großen Trends damit langfristig aber auch nicht aufhalten.

Was viele beunruhigt, sollte uns eigentlich dankbar werden lassen. Denn jener Trend bringt uns wirklich näher zurück zur Bibel. Das Neue Testament ist nämlich recht eindeutig: Hier gibt es weder Tempel noch Synagoge noch Gemeindehaus – der einzige Tempel des NTs ist Jesus selbst, und seine Jünger sind die Steine. Gemeinschaft ist’s – Gemeinschaft mit Jesus, Gemeinschaft miteinander und Gemeinschaft auf gemeinsamer Mission. So buchstabiert die Bibel Kirche.

Aber man muss doch einen Platz haben, um sich zu treffen, um anzubeten, gell? Klar braucht man das, und uns steht ein ganzer Globus zur Verfügung. Wir können uns treffen, wo wir wollen. Unter Brücken, auf Bergen, hinter jedem Busch. Ein Klassiker des NTs ist aber zu Hause, weil da das wahre Leben stattfindet. Oikos ist der Platz, wo Jesus bei Zachäus in Lukas 15 einziehen will: Daheim, da, wo wir sind, wie wir wirklich sind. In Ehe und Familie tragen wir keine Masken, deswegen ist Jesus dort nötiger als anderswo. Oikos ist übrigens auch der Platz, wo sich viele Gemeinden in muslimischen Ländern heimlich treffen.

Und wenn man sich erinnert, dass es im “Hause Gottes viele Wohnungen für uns gibt” (Joh 14,2)* dann lädt uns sogar der Allmächtige selbst in seine intimste Wohnstatt ein. Was da wohl alles so zu erwarten ist. So gesehen ist die Gemeinde der Zukunft nicht nur auf dem Zeitstrahl der Geschichte, sondern auch im Alltag viel näher am Himmel als diese römischen Traditionen von vorgestern…

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* Johannes 14,2 verwendet die ähnliche griechische Abwandlung oikia (ἡ οἰκία) und nicht oikos (ὁ οἶκος). Oikos scheint ein breiteres Spektrum an Bedeutungen zu haben, oikia betont meines Wissens mehr den privaten, fast schon intimen Charakters des zu-Hause-Seins.

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marcusis@icloud.com

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